Prinzipiell klingt dass doch gut: 2500 Franken monatlich bar auf die Hand, ohne irgendwelche Bedingungen. Dies würde doch vielen Menschen erlauben, weniger für Lohn und Brot zu arbeiten und mehr ihrer Zeit für andere Dinge aufzuwenden: Ihre Familie, ihre Weiterbildung, individuelle Projekte, Mitarbeit in wohltätigen Organisationen oder sogar in politischen Parteien. Es ist schwer zu bestreiten, dass dies das subjektive Freiheitsempfinden positiv beeinflussen würde und gleichzeitig eine positive Wirkung auf den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft hätte. Es ist zu bezweifeln, dass die Leute deswegen aufhören zu arbeite, dazu ist die Summe schlicht und ergreifend zu niedrig. Finanzierbar wäre das Ganze vielleicht, wenn man andere Sozialwerke dafür stark verkleinert oder sogar ersatzlos streicht und man die Steuern anhebt.
Wirkliche Probleme stellen dagegen Immigration und Inflation dar. Immigration deshalb, weil die Schweiz durch so eine Regelung massiv attraktiver wird und die Sache durch neue Zuwanderer auf lange Sicht tatsächlich nicht zu finanzieren wäre. Man wäre also zu einer sehr rigiden Zuwanderungspolitik gezwungen, was ich persönlich eher ablehne. Das Problem der Inflation liesse sich dagegen nur schwer lösen. Der ganze Mittelstand der Schweiz hätte plötzlich 2500 Franken mehr im Monat zum ausgeben. Wenn wir der Einfachheit halber davon ausgehen, dass das in der Schweiz 4 Millionen Menschen betrifft, macht das stolze 10 Milliarden Franken, die jeden Monat in die Wirtschaft gepumpt werden. Dies führt zu einer massiven Entwertung des Geldes, die Altersersparnisse von uns allen verlieren drastisch an Wert und die sozial Schwächsten würden mit ihrer Kaufkraft rasch unter das Existenzminimum sinken.
Aber an und für sich erledigt sich die Sache von selbst. Die Initiative, welche letzte Woche eingereicht wurde, fordert bei weitem nicht so viel, wie ich im ersten Abschnitt versprochen habe. Anstatt 2500 Franken zusätzlich für alle, will diese Initiative lediglich, dass zukünftig 2500 Franken unseres Lohnes vom Staat kommen und der Rest von unseren Arbeitgebern, wobei die Lohnsumme gleich bleibt. Die 2500 Franken sollen dabei via massiv höheren Mehrwertsteuern bezahlt werden. Das ganze funktioniert dann in etwa so: Wenn ich 4000 Franken verdiene, zahlt nicht mehr mein Arbeitgeber mir 4000 Franken, sondern er zahlt 1500 Franken an mich. Dann bezahlt er einen Betrag via Mehrwertsteuer an die Finanzverwaltung in Bern. Diese Kasse leitet das Geld an eine Ausgleichskasse weiter, welche dann die übrigen 2500 Franken an mich überweist.
Es ist offensichtlich, wieso dieses Modell eines ,Grundeinkommen light‘s bei weitem nicht so visionär oder interessant ist, wie das Modell von dem ich zuerst gesprochen habe. Ein Grossteil unserer Bevölkerung würde, um seinen Lebensstandard halten zu können, genau gleichviel arbeiten müssen, wie vorher, wenn nicht sogar mehr, da Finanzinstitute und die Sachbearbeitenden in Bern, an der Ehrenrunde, die ein Teil ihres Lohnes macht ja auch Geld verdienen wollen.
Bestenfalls verbessert diese Initiative die Situation der Sozialhilfeempfänger in unserem Land. Ich sage nicht, dass dies Prinzipiell schlecht oder falsch ist. Aber dies kann man auch anstreben, ohne dass man das Entlöhnungssystem für alle Bürger ungemein verkompliziert und verteuert. Aber dann könnte man allerdings nicht so tun, als wäre man ein sozialer Avantgardist der eine völlig neue Gesellschaft formen möchte.