Seit ein paar Tagen sind sie an diversen Bahnhöfen anzutreffen, die Plakate der Befürworter der Buchpreisbindung. Unter einem grossen „Ja zum Buch“ finden wir ein kleingedrucktes „mit Preisbindung“, gerade so, als ob die Plakatdesigner selber wissen würden, dass sie sich eigentlich für ihre Forderung schämen sollten. Daneben finden wir einen jungen Menschen, von nicht genauer definiertem Geschlecht, in einem Heidi-Cosplay-Kostüm. Ich werde diese Gestallt deshalb auch einfach Heidi nennen. Der Haltung nach ist Heidi gerade einem sowjetischen Propagandaplakat entfleucht. Allerdings hat ihr jemand die Kornähren und die Sichel abgenommen und ihr dafür vier Bücher gegeben. Seltsamerweise streckt Heidi eines dieser Bücher geschlossen über den Kopf, anstatt darin zu lesen. Das legt den Verdacht nahe, dass die Plakatdesigner selbst auch noch nie ein Buch aufgeschlagen haben, um darin zu lesen, der Rest des Plakates liegt es zumindest nahe.

Quelle: http://www.ja-zum-buch.ch/
,Buchvielfalt anstatt Discounter-Einheitsbrei‘ steht da. Die Logik dahinter wird nicht weiter erläutert, währenddem Geißbock Zottel und der Geissenpeter auch panisch versuchen von dem Plakat zu fliehen. Die Implikation der Behauptung ist: Wenn es keine Buchpreisbindung mehr gibt, werden in den Buchläden nur noch die Bücher verkauft, die auch gekauft werden. Was soll das für ein Argument sein. ,Migros verkauft nur Produkte die tatsächlich gekauft werden. Das müssen wir verhindern!‘
Und das ist erst die Hälfte des Unsinns. Zu diesem ,Nicht-Problem‘ schlägt dieses Plakat auch gleich noch eine ,Nicht-Lösung‘ vor. Sie haben nämlich das Gefühl, das wenn die Buchläden die Hoheit über den Buchpreis verlieren, sie automatisch Bücher in ihr Sortiment aufnehmen, welche sich nicht gut verkaufen lassen. Muss ich dazu als Blogger wirklich noch eine Erklärung abliefern, wieso das keinen Sinn macht?
Tatsache ist, dass das Sortiment eines Buchladens entscheidend dafür ist, ob dieser Buchladen ein gutes Geschäft macht oder nicht. Daran ändert eine Buchpreisbindung nichts. Ich gehe in den Clio in Zürich, weil die normalerweise jedes Buch das ich brauche an Lager haben.
Was Vielfalt angeht ist das Internet schlichtweg der Buchladen mit am meisten davon. Eine Interessengemeinschaft, deren eigentliches Ziel es ist, den Schweizer Kunden von Amazon und Co. abzuschneiden hat darum einfach nicht das Recht, mit ,Büchervielfalt‘ zu werben. Und das stört mich an dem Plakat am meisten. Es ist etwa so, als ob die SVP für eine Ausschaffungsinitiative mit der Behauptung werben würde, sie würde die Schweiz als Weltoffener erscheinen lassen. Armes Sowjetheidi.